Quadratmeter werden in New York hoch gehandelt. Oder sollten wir lieber sagen: Kubikmeter? Denn neben der Baufläche entscheidet auch die Bauhöhe darüber, wie lukrativ ein neues Bauprojekt am Big Apple ist. Der französische Architekt Christian de Portzamparc hat jetzt seinen „Prism Tower“ fertiggestellt. Dass das Haus wie ein Bergkristall aussieht, ist auch dem florierenden Handel mit den sogenannten „air rights“ in seiner Nachbarschaft zu verdanken.
Schroffe Kanten, geschliffene Vorsprünge, spitze Winkel: Die Silhouette des Prism Tower ist ebenso spektakulär wie extravagant. Und mit einem Prisma, wie sein Name übersetzt lautet, hat das Gebäude eigentlich wenig zu tun. Denn bei einem Prisma handelt es sich um ein gleichmäßig verschobenes Vieleck. Der Tower aber wirkt eher gewachsen, wie ein Bergkristall, der wuchernd seinen Platz innerhalb der Betonlandschaft behauptet. Die Form, so heißt es aus dem Architektenbüro, sei einzig und allein einer streng ökonomischen Flächenmaximierung geschuldet. Und tatsächlich konnte der Architekt durch rigorose Ausnutzung einer Besonderheit des New Yorker Baurechts die Nutzfläche von 23 000 Quadratmeter auf 40 000 Quadratmeter steigern. Angesichts des ästhetisch höchst ansprechenden Ergebnisses scheint der Verweis auf ökonomische Gründe jedoch ein wenig kokett.
Spielerisch die Lufthoheit behaupten
Der Trick bei diesem Gebäude besteht darin, dass der Investor den unmittelbaren Nachbarn nicht ausgenutzte Höhenmeter abgehandelt hat. Möglich ist dies dank eines Erlasses des örtlichen Departments of City Planning von 2013, nach dem es Investoren erlaubt ist, zusätzliche Höhenmeter von anderen Gebäuden in der Nachbarschaft anzumieten oder zu -kaufen, welche diese nicht ausgenutzt haben. Da jedoch für unterschiedliche Höhen auch unterschiedliche Abstände zu Nebengebäuden gelten, schlägt sich der „air rights“-Handel nicht nur auf die totale Höhe, sondern auch auf die Kubatur der Gebäude wieder. Et voilá: Ein Bergkristall formt sich zwischen den gewachsenen Strukturen auf der exklusiven Park Avenue.
Mehr Lebensqualität auch für die Nachbarn
Der Handel mit den „air rights“ führt übrigens noch zu einer interessanten Besonderheit. Oft kommt er nicht nur dem Neubau, sondern auch dessen Nachbarn zu Gute. Denn, hätte der Investor flacher gebaut, wie es eigentlich für diesen Bauplatz vorgesehen ist, hätte er den angrenzenden Fassaden deutlich näher auf die Pelle rücken dürfen, wie es etwa auch beim Trend zu schlanken Hochhäusern der Fall ist. So aber musste er einen gewissen Diskretionsabstand halten. Und das bringt Luft und Licht für alle. Sage niemand, dass vertikale Projekte sich immer egoistisch zum Stadtraum verhalten müssen. Manchmal kommt es eben auch auf eine kluge Bauordnung an.
Titelbild: Foto via Christian de Portzamparc/ Copyright Wade Zimmermann
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