In Nordeuropa ist energiesparendes Bauen eng mit Dämmstoffen, alternativen Energien und moderner Verglasung verbunden. Nicht so auf der arabischen Halbinsel. Hier geht es beim Energiesparen vor allem darum, den Stromverbrauch für Klimaanlagen zu reduzieren. Und auch dafür gibt es intelligente Ansätze, die sich an traditionellen Bauweisen orientieren. Dass dabei äußerst moderner Wohnraum entstehen kann, zeigt das Projekt „Wind Tower“ in Kuwait-Stadt.
Sommer, Sand und Sonnenschein – was bei vielen Deutschen derzeit Sehnsuchtsgefühle auslöst, kann schnell zur Last werden. Zum Beispiel, wenn man in Kuwait wohnt. Zum Beispiel, wenn die Tagestemperaturen zwischen Juni und August auf bis zu 47 Grad im Schatten klettern. Statt die Tische und Stühle ins Freie zu rücken und die wärmende Kraft des Zentralgestirns zu genießen geht es dann eher darum, so viel Zeit wie möglich in gut klimatisierten Innenräumen zu verbringen. Das bleibt natürlich nicht ohne Konsequenz für die Architektur. Zumindest neuerdings. Denn lange Jahre hat man auf der arabischen Halbinsel einfach die traditionellen Bauten durch westliche Architekturen ersetzt und kurzer Hand monströse Klimaanlagen verbaut, um sie auf ein erträgliches Maß runterzukühlen. Doch seit einiger Zeit setzt ein Umdenken ein.
Ein erstes Leuchtturmprojekt schuf der britische Stararchitekt Norman Foster ab 2006 für das Emirat Abu Dhabi. Masdar, eine Nullenergie-Wüstenstadt, bei der hautsächlich die traditionelle Verschattung durch enge Gässchen zwischen den Bauten sowie vorgesetzte Fassaden zum Einsatz kamen. Ähnlich traditionsbewusst gingen nun das madrilenische Büro AGi Architects im Auftrag des spanischen Immobilienentwicklers Wafra zu Werke. Ihr „Wind House“ in Salmiya, einem Viertel von Kuwait-Stadt, nutzt überlieferte Strategien zur Reduzierung des Energieeintrags in die Wohnräume, etablierte aber gleichzeitig eine für die Region ungewöhnliche Typologie der vertikalen Erschließung.
Der Wohnturm als Stapel von Einfamilienhäuser
Bislang herrscht eine horizontale Orientierung von eher flachen Einfamilienhäusern vor. Doch der erhöhte Flächendruck zwingt die Projektentwickler nun, das Bauland effizienter zu nutzen, also mehr Wohnraum auf weniger Quadratmeter unterzubringen. Um gleichzeitig dem Bedürfnis nach Privatheit der Bewohner entgegenzukommen, schufen AGi Architects einen Wohnturm dessen 13 Stockwerke zum größten Teil von Maisonettwohnungen eingenommen werden, die sich geschickt ineinander verzahnen und im Innenraum die Illusion eines zweistöckigen Einfamilienhauses schaffen. Diese Anordnung ermöglicht zudem eine Fassaden- und Gemeinschaftsflächengestaltung, von der alle Bewohner profitieren.
So puffert etwa der gemeinsam genutzte Erschließungsturm mit Treppenhaus und Fahrstühlen auf der Südseite den Sonneneintrag in die Wohnräume. Die wiederum sind um einen zentralen Innenhof angeordnet, in dem sich Gemeinschaftspools befinden. Durchbrüche und Fenster zum Hof transportieren die natürliche Kühlung durch die Verdunstung des Wassers in die Wohneinheiten. Und, wie in traditionellen Wüstensiedlungen üblich, erlauben nur die großzügigen Fenster auf der Nordseite einen ungehinderten Ausblick auf die Landschaft – in diesem Fall auf die nahe kuwaitische Bucht. Die Öffnungen zu den anderen Himmelsrichtungen sind dagegen eher klein gehalten, um die Innenräume gegen Überhitzung zu schützen. Auch dies ein Beitrag zum Energiesparen.
Es mag uns noch fremd vorkommen. Doch Strategien zur energieeffizienten Kühlung sind zur Reduzierung der Globalen Erwärmung ebenso wichtig, wie zum energieeffizienten Heizen. Gut möglich, dass die Erfahrungen die Architekten in südlichen Regionen sammeln künftig auch hierzulande eine Rolle spielen. Haben herkömmliche Klimaanlagen doch längst schon Einzug in den westlichen Baukanon gehalten. Und konterkarieren mancherorts die Bemühungen, allein durch Dämmung ein gutes und effizientes Wohn- und Arbeitsklima zu schaffen.
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