Superslim – Superschlank: Diese Hochhauskategorie sorgt seit einiger Zeit für Furore, vor allem in New York. Nun will das amerikanische Büro RB Systems den Trend auf die Spitze treiben, indem es einen 400 Meter-Turm vorschlägt. Der völlig ohne Stützen auskommt.
Ein wenig mulmig wird einem bei dem Gedanken schon: 400 Meter soll sich das Gebäude „265 West 45th Street“ in den New Yorker Himmel bohren. Und dabei lediglich eine Grundfläche von 30 mal 30 Metern einnehmen. Das macht natürlich eine schlanke Silhouette. Superschlank, wie die Amerikaner diese wagemutige Architektur gerne nennen. Doch das ist noch nicht alles: Anstelle von klassischen Stützen sollen einzig Stahlseile auf der Fassade dafür sorgen, dass sich der lange Lulatsch aufrecht hält. Denn für traditionelles Tragwerk ist auf dem minimalen Baugrund einfach kein Platz!
Konzepte für die Skyline von Morgen
Von Zeit zu Zeit kursieren ja die abenteuerlichsten Studien zu Hochhäusern durch das Netz. Warum nicht einfach mal ein Hochhaus von einem Asteroiden hängen lassen? Und warum müssen sie eigentlich immer gen Himmel streben? Nach unten ist doch auch jede Menge Platz. Das sind so Fragen, die sich Architekten mit Langeweile gerne stellen. Und deren Beantwortung ja auch meist recht unterhaltsam ist. Von Zeit zu Zeit werden aber aus absurd anmutenden Studien reale Bauten. Wenn sie nur nah genug an dem sind, was heute bereits technisch möglich ist – und auf einen Markt treffen, der dafür bereit ist. Beides könnte auf den Entwurf aus der Feder des amerikanischen Architekten Rustem Baishev, Gründer von RB Systems, zutreffen. Das Konzept ist fertig ausgearbeitet und benötigt nur noch den Mut der Umsetzung. Und die hohen Grundstückspreise bescheren der Ostenküstenmetropole eine anhaltende Nachfrage nach Hochhäusern der Kategorie Superschlank.
Der Trick mit dem Bonbonpapier
Und so funktioniert’s: Statt tragendem Stützwerk sollen Stahlseile auf der Fassade dem Bürogebäude halt verleihen. Diese schlingen sich sich in diagonalen Bahnen vom Dach bis ins tief verankerte Fundament, von wo aus sie wieder durch den Kern zur Spitze des Gebäudes geleitet werden. Dieser spezielle „Twist“ gebe der Konstruktion auf ähnliche Weise halt, wie ein Bonbonpapier seinem süßen Inhalt. Besonders vertrauenerweckend klingt das vielleicht nicht. Hat doch sicher jeder schon einmal erlebt, wie ein Bonbon bei zu schnellem Auswickeln in die Gosse hüpft. So möchte man sicher nicht mit seinem Bürostuhl auf dem harten New Yorker Pflaster landen.
Der Architekt selbst jedoch hält seinen Entwurf für statisch unbedenklich. Und zählt deshalb lieber die Vorteile dieser Bauweise auf. Da die Stahlseile in sehr schmalen Kanälen über die Fassade laufen, könnten sich die Fensterpaneele nahezu lückenlos montiert werden. Was die Ausbeute an natürlichem Tageslicht erhöht und so der Nachhaltigkeit des Gebäudes dient. Da im Inneren kein Tragwerk den knappen Raum weiter dezimiert, sei im Kern Platz für einen doppelstöckigen Fahrstuhl, der die Nutzer in Windeseile auf ihr Stockwerk bringt. Oder zur Aussichtsplattform in der 96. Etage. Den Schwingungsausgleich übernehme ein computergesteuertes Gegengewicht an der Spitze des Hochhauses. Sodass im Kern zusätzlich Platz für Fluchtwege bleibt.
Vor allem aber ist das zylindrische Gebäude aber ein Hingucker. Und es ist sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis ein solventer Investor das notwendige Kleingeld für die waghalsige Konstruktion auftreibt. Und die New Yorker Skyline mit neuem Eye-Candy auftrumpft. Hübsch verpackt in Bonbonpapier aus Stahl und Glas.
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