Kunst hat längst globale Reichweite erhalten. Mit dem M+ könnten die Architekten von Herzog & de Meuron einen Museumsbau mit weltweiter Strahlkraft schaffen. Entsteht in Honkong eine Ikone der Kunst des 21. Jahrhunderts?
Große Museen haben Weltgeltung – künstlerisch oder sogar ökonomisch: Das Guggenheim Museum of Modern Art in New York beispielsweise ist mit seiner Eröffnung zu einem der wichtigsten Museen weltweit geworden. Das Centre Pompidou in Paris brach mit vielen Konventionen und wurde deswegen – und wegen der großartigen Sammlung des Musée National d’Art Moderne – zu einem wahren Magneten für Kunstinteressierte.
Ende des Jahres darf M+ in Hongkong öffnen
Nun könnte Ende des Jahres das Museum M+ in Hongkong eröffnen. Der Bau, hinter dem die Architekten von Herzog & de Meuron stehen, darf bezogen werden. M+ könnte einer der Leuchttürme mitten im neuen Bezirk West Kowloon von Hongkong werden. Hier entsteht ein ehrgeiziges Projekt: Ein neues Kultur-Stadtviertel auf 40 Hektar Land direkt am Victoria-Hafen. 23 Hektar öffentlicher Park sowie eine zwei Kilometer lange Uferpromenade sind Teil des Entwicklungsplans von Forster und Partners. In wenigen Jahren soll hier eine lebendige Mischung aus Theatern, Performance-Räumen und Museen entstanden sein.
Das wichtigste Museum für visuelle Kultur in Asien
M+ soll als erstes globales Museum zeitgenössische visuelle Kultur vorwiegend aus Asien zeigen. Schon der Name – M+ steht für „Museum und mehr“ – zeigt die geplante Grenzüberschreitung: So werden beispielsweise Architektur mit visuellen Animationen in Verbindung gebracht, Street Art von heute mit den Anfängen visueller Kunst aus dem 20. Jahrhundert. Und natürlich soll der Bau der ganzen Welt offen stehen.
„Das M+ hat sich das Potenzial, das wichtigste Museum für visuelle Kultur in Asien zu werden. Es drückt am besten aus, wohin wir als Weltkultur gehen sollten, wo Vielfalt, Gleichheit und der Zugang zu Kunst aller Art von Anfang an zum Ausdruck kommen“, sagte Architekt Jacques Herzog.
Spiel des Lichts in der Fassade von M+
Auch architektonisch ist das Gebäude spannend: Es gleicht einem umgedrehten T. Der untere Querriegel steht auf Stelzen, unten denen man hindurchgehen kann. Die Fassade besteht aus dunkelgrünen Keramikkomponenten. Die spiegeln die Licht- und Wetterverhältnisse in vielen verschiedenen Facetten und Schattierungen wider. Eine weitere Besonderheit ist die Verankerung des Museums um den Tunnel herum, der Hongkong mit dem Flughafen verbindet. Hier befindet sich ein zusätzlicher unterirdischer Ausstellungsraum.
Herzog & de Meuron sind den Lesern dieses Blogs mit einem Turm in Toronto oder dem Hochhausstreit in München bekannt. In den vergangenen Jahrzehnten haben die Architekten mit Sitz in Basel Büros in London, New York, Hong Kong, Berlin und Kopenhagen eröffnet. Rund 500 Mitarbeiter sind in aller Welt für Herzog & de Meuron tätig. In Hongkong setzten sich die Architekten 2013 im Wettbewerb gegen andere namhafte Büros durch. SANAA, Renzo Piano, Snøhetta oder Toyo Ito zeigten den hohen gestalterischen Anspruch der Stadtplaner in Hongkong.
Kontroverse um Ai Weiwei
Wenn es nach dem Willen der Planer und Verantwortlichen geht, soll das Museum schon bald Weltruf erlangen. Die Werke großer zeitgenössischer Künstler aus Asien sind Teil der Sammlungen. Die Kontroverse um Exponate von Ai Weiwei zeigt jedoch, dass die Offenheit bei weitem nicht so groß ist wie der Ehrgeiz, auf der internationalen Bühne zu funkeln.
Denn Ai Weiwei ist ein großer Kritiker der chinesischen Regierung. Die aber baut derzeit ihre Kontrolle in Hongkong aus. Dazu gehört auch die Entscheidung darüber, was in dem Museum ausgestellt werden darf und was nicht. Ob Ai Weiweis Exponate nun bei der Eröffnung präsent sind oder nicht, ist noch unklar.
Kunst ist eine Frage der Freiheit
Daher kann das Museum sicher eine wunderbare Sammlung zeitgenössischer Kunst präsentieren. Auch architektonisch wird M+ zu einem beeindruckenden Ziel für kulturell-touristische Reisen. Doch ob Hongkong Freiheiten gewähren kann wie Paris oder New York, ist fraglich. Denn zensierte Kunst sendet keine Impulse von gesellschaftlicher Relevanz.
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